Wie geschwächt ist die FPÖ?

Die FPÖ hat bei der Landtagswahl im Burgenland 2/3 ihrer Sitze verloren und auch eine erste Umfrage zur Wienwahl zeigt ein deutliches Minus für die FPÖ, dass sich – selbst wenn man die Prozente für die (vermutliche) Strache-Liste DAÖ abzieht – im zweistelligen Prozentbereich bewegt. Für viele scheint das ein Zeichen dafür zu sein, dass die FPÖ aktuell am Boden ist, doch wie nachhaltig geschwächt ist die FPÖ und mit ihr die extreme Rechte tatsächlich?

Mit der grünen Regierungs-Beteiligung findet sich die FPÖ und mit ihr die extreme Rechte in einer für sie gewohnten Rolle wieder, jener der Opposition. Allerdings stellen sich die Bedingungen für die Rechte in Opposition – entgegen der weitläufigen Wahrnehmung – als vergleichsweise günstig dar, führt doch die VP mehr oder weniger das Regierungsprogramm der schwarz-blauen Regierung jetzt mit ihrem neuen Regierungspartner fort und normalisiert so – vor allem auch dank des grünen Koalitionspartners – rechte und rechtsextreme  Forderungen weiter und tiefer als bisher möglich und die FPÖ kann mit Hilfe kleiner Nadelstiche den Diskurs ein Stück weit mitbestimmen wie z.B. in der  Hetzkampagne gegen die grüne Justizministerin Alma Zadić. Die Rechte reagiert auf diese Regierung mit einer Erzählung der Bedrohung durch „die linkeste Regierung aller Zeiten“, was sie bspw. an einer angeblichen Zügelung der Asylpolitik oder auch der (ohnehin schwachen) Klimapolitik festmachen,  und kann gleichzeitig dabei zuschauen, wie eine Regierung mit grüner Beteiligung ihre Themen umsetzt. Parallel dazu konzentriert sich die FPÖ, wie schon bei der Neukonsolidierung 2005 unter Strache und Kickl, darauf, ihren ideologischen Kern wieder zu festigen, sowie sich von der „Ibiza-Clique“ zu distanzieren. Letzteres gipfelte in Social Media-Schlagabtauschen zwischen Hofer und Strache. Auch kann sie jetzt – wo sie sich nicht mehr staatsmännisch geben muss – wieder auf Mittel und Allianzen zurückgreifen, die sie in den letzten Jahren zurückfahren musste. Dies zeigt sich unter anderem in einer schärferen Rhetorik von Kickl und Hofer und im Ende der (ohnehin schwachen) Distanzierungen der FP von Identitären und Co. Letzteres wird deutlich im Umgang mit der Frage, ob Identitäre am sog. Akademikerball der FPÖ willkommen sind (was deutlich bejaht wurde) und in weiterer Folge der Rede, die FP-Chef Hofer am Akademikerball vor Vertreter(_innen) diverser rechtsextremer Gruppierungen (Sellner, Höcke, …) und Burschenschaftern hielt, in der er von einer „Vertiefung der Ideologie“ sprach und sein Publikum als den „wahre[n], de[n] harte[n] Kern, auf den man auch weiter aufbauen kann“ bezeichnete. Aber auch die Bestellung von Michael Schnedlitz zum Bundesparteigeneralsekretär ist ein Indiz dafür. Schnedlitz sprach als Vize-Bürgermeister 2016 auf einer FPÖ-Kundgebung in Wiener Neustadt und erklärte dort „Liebe Identitäre Bewegung, ich begrüße euch recht herzlich in Wiener Neustadt! Hier seid ihr herzlich willkommen! Bewegungen wie die Pegida in Deutschland, die sind die Speerspitze, die die Bevölkerung im Kampf gegen die Bundesregierung und gegen dieses System noch brauchen wird“. Auf außerparlamentarischer Ebene zeigen sich die neuen Möglichkeiten darin, dass Identitäre und andere rechtsextreme Akteure wieder verstärkt aktivistisch in Erscheinung treten, was sich in diversen Saalschutz-Aktionen im Rahmen der Vorlesungen des rechtsextremen Lothar Höbelt zeigt. Höbelt gilt als Haus- und Hof-Historiker der FPÖ und fiel u.a. dadurch auf, dass er unter anderem 1999 einer der Autoren der Festschrift für den Holocaustleugner und Antisemiten David Irving war oder im vergangenen Jahr auf der Herbstakademie vom rechtsextremen „Freiheitlichen Akademikerverband Steiermark“ (FAV) und dem ebenfalls rechtsextremen „Institut für Staatspolitik“ (IfS) einen Vortrag hielt. Für den Spätsommer 2020 ist die „größte patriotische Demonstration der 2. Republik“, angekündigt. Als Veranstalter tritt hier eine Plattform mit dem Namen „Die Österreicher“ auf, welche offenbar ein identitärer Versuch ist, unter einem neuen, unbelasteten Label ein breiteres Publikum zu erreichen. Die Demonstration wird nach eigenen Angaben erst angemeldet, sobald es 5000 verbindliche Zusagen gibt.

Doch es regt sich Widerstand. So wurde der Saalschutz für Höbelts Vorlesung erst notwendig, weil antifaschistische Aktivist_innen und Studierende  begannen, Höbelts Rechtsextremismus zu thematisieren und seine Vorlesungen zu stören und auch die Proteste gegen den Mittwochsbummel, den traditionellen Aufmarsch der deutschnationalen Burschenschaften an der Uni Wien, fielen in letzter Zeit wieder entschlossener und größer aus als in der Zeit davor.

Die neue Plattform „Die Österreicher“, wirkt bislang noch eher wirr und wenig mobilisierend und so scheint die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie in einem halben Jahr eine größere Demonstration auf die Beine stellen können verschwindend gering. Dafür zu sorgen, dass das auch so bleibt, wird die Aufgabe der Linken sein, indem sie sich den öffentlichen Auftritten weiter konsequent und auf breiter Front entgegenstellt.

Wie notwendig es ist, dass die Linke sich jetzt nicht auf einer scheinbaren Schwäche der extremen Rechten ausruht, zeigt uns auch die jüngere Geschichte der 2000er Jahre, in der sich die FPÖ nach Knittelfeld 2002 und ihrer Spaltung 2005 sehr schnell von einer vorübergehenden Schwächephase erholen und sich sehr schnell wieder rekonsolidieren konnte. Deshalb wäre es wichtig, dass die Linke den Antifaschismus als eine ihrer bedeutendsten Aufgaben versteht, auch um es für Kurz und Co. in Zukunft möglichst schwierig zu machen, eine Neuauflage von Schwarz-Blau in die Wege zu leiten.

 

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