Mit LINKS in die Wien-Wahl!

 

Der Gründungsakt von LINKS, wenige Tage nach der türkis-grünen Regierungsangelobung, hat das Bedürfnis nach einer linken Wahlalternative eindrucksvoll demonstriert. Wie kann dieses Bedürfnis nun zu einer lebendigen Wahlbewegung werden? Worauf sollten wir bei den nächsten Schritten achten? Im Folgenden eine Einschätzung aus unserer Mitarbeit im Gründungsprozess von LINKS.

 

Es war eine beeindruckende Versammlung, die am 10./11. Jänner in der VHS 15 über die Bühne ging. Das lag nicht nur an den über 400 Teilnehmer*innen, sondern an der ernsthaften Beteiligung an der Debatte, die von dem Wunsch getragen wurde, LINKS zu einem erfolgreichen Projekt zu machen. Vor allem bei den Berichten aus den Kleingruppendiskussionen wurde dies deutlich. Sehr solidarisch wurden Kritikpunkte und Ideen eingebracht und eingefordert. Wichtig für die durchwegs positive Atmosphäre war der formulierte Anspruch, dass LINKS eine gemeinsame Liste mit allen wahlwerbenden Kräften in der Wiener Linken anstrebt. Dies wurde vor allem in Einzelgesprächen immer wieder betont.

Es wurde aber auch klar, dass vieles an Zielsetzung und inhaltlicher Ausrichtung im Vorfeld der Konferenz noch nicht geklärt wurde. Auch nach der Konferenz bleibt noch offen, worin sich LINKS von vorangegangenen Projekten unterscheidet und wie wir den Einzug in den Gemeinderat schaffen wollen. Das schafft jene Unsicherheit, die viele noch zwischen sympathisierendem Interesse und überzeugter Beteiligung schwanken lässt. Jetzt kommt es darauf an, in den geschaffenen Strukturen – angefangen bei den Bezirksgruppen – Zielsetzung und inhaltliche Ausrichtung zu diskutieren und in absehbarer Zeit eine Formulierung dafür zu schaffen.

LINKS in Zeiten von Türkis-Grün: Politische Grundsätze in aktive Politik verwandeln

Das Grundsatzpapier, das wir auf der Konferenz beschlossen haben, ist zu Recht als inhaltlich noch zu vage kritisiert worden. Ja, es gibt historisch gewachsene Grundsäulen linker Politik wie soziale Gerechtigkeit, Antifaschismus, Solidarität, Ökologie, Wohn- und Sozialpolitik, Antirassismus oder Feminismus. Diese gilt es aber immer in Bezug zu aktuellen Entwicklungen zu stellen, um linke Politik für heute greifbar zu machen. Motor unserer politischen Ausrichtung muss dementsprechend ein Wechselverhältnis von vorherrschenden Debatten, aktuellen Widersprüchen und Erfahrungen aus der konkreten Praxis sein. Die Türkis-Grüne Regierung liefert leider genügend Anlässe, die sich auch auf stadtpolitischer Ebene niederschlagen werden: Von einer mutlosen Klimapolitik, über Steuergeschenke an Konzerne, bis hin zu Sicherheitshaft und Kopftuchverbot – all dies wird in den nächsten Wochen und Monaten für polarisierende Debatten sorgen. Wir brauchen uns dabei nicht davor zu scheuen, politisch minderheitliche Positionen zu vertreten. „Links“ bedeutet auch, selbstbewusst Themen und Ideen anzusprechen, die (noch) nicht mehrheitsfähig sind. Die Wirkung von politischer Standhaftigkeit ist etwas, auf das die etablierten Parteien – auch im rot-grünen Wien – allzu leicht verzichten. Genau hier ist es, wo eine linke Alternative ihre eigene, aktive Rolle im politischen Geschehen bekommt.

LINKS-Debatte um Zielsetzung und Ausrichtung organisieren

Mit dem Antritt zur Wien-Wahl setzen wir uns ein praktisches Ziel. Dieses Ziel wirkt für viele zunächst abstrakt, da wir keine gemeinsame Vorstellung davon haben, wie ein Einzug in den Gemeinderat Wirklichkeit werden kann. Um diese Frage sollte sich die Diskussion der nächsten Wochen innerhalb von LINKS drehen, damit wir eine Selbstsicherheit im Auftreten nach Außen entwickeln. Die Bezirksgruppen als Ort, wo sich alle Aktivist*innen organisieren, sollten von Anfang an genügend Raum für diese Diskussion schaffen und nicht auf rein lokalpolitische Aktivitäten ausweichen.

Um die Debatte in eine gemeinsame, fokussierte Praxis des Gesamtprojekts fließen zu lassen, wird es wiederum mehr brauchen als reine Delegiertentreffen. Eine Aktivist*innenversammlung, die sich auf die offenen politischen Fragestellungen in Richtung Wien-Wahl konzentriert, ist unerlässlich. Dort müssen kollektive Entscheidungen getroffen werden, damit sie für Unterstützer*innen nachvollziehbar sind und bewusst mitgetragen werden. Dorthin gehört auch die Diskussion über die Form eines gemeinsamen Wahlantritts aller linken Parteien. Dass zahlreiche Vertreter*innen von KPÖ und Wien Andas an der LINKS-Gründungskonferenz teilgenommen haben, ist ein positiver Ansatz. Natürlich wird es Verhandlungen in Gremien brauchen, doch sollten diese auch öffentlich zur Diskussion gestellt werden.

LINKS ist plural: mehr als ein Nebeneinander

Um eine gemeinsame Praxis zu entwickeln, ist eine offene Konfrontation der unterschiedlichen politischen Zugänge innerhalb von LINKS wichtig. Nicht, dass sich dadurch alle Unterschiede sofort auflösen würden, oder immer gute Kompromisse möglich wären. Eine lebendige, unter uns geführte Debatte hält uns aber dazu an, unsere Ansätze auf die Probe zu stellen, weiterzudenken oder zu verändern. Das ist für uns eine zentrale Bedeutung des Stehsatzes „unsere Unterschiede zu unserer Stärke machen“. Erst wenn wir ein Verständnis von den verschiedenen politischen Zugängen unter uns bekommen, können wir uns annähern.

So wurden auf der Gründungsversammlung von Aktivist*innen der Jungen Linken Anträge eingebracht, die 4 Kernthemen für den Kampagnenstart und eine praktische Fokussierung auf Hausbesuche befürworteten. Die Ablehnung dieser Anträge bedeutete nicht per se Ablehnung dieser Wahlkampfpraxis oder jener thematischen Schwerpunkte. Sie signalisierte eher, dass diese Festlegung und die Abstimmung darüber den meisten zu schnell und unvorbereitet kam. Der offizielle Rahmen der Konferenz bot wenig Raum, um die Überlegungen hinter diesen Vorschlägen zu erörtern. Doch abseits davon führte die Initiative zu konstruktiven Diskussionen darüber, warum für die Junge Linke diese Praxis entscheidend ist und welche anderen Wahlkampfaktivitäten denkbar sind. Auch bei der Frage von Kernthemen muss argumentiert werden, warum es gewisse Präferenzen gibt und welche Erwartungen damit verbunden sind.

Die Forderung, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, ist richtig. Sie setzt aber voraus, offen darüber zu diskutieren, was das Trennende ist. Auch das gehört zum Lernprozess einer breit aufgestellten Neuorganisierung der Linken. Um diese Debatte zu organisieren, brauchen wir spezifische Werkzeuge: Von Veranstaltungen, über themenspezifische Seminare bis hin zu Medien, in denen sich Debatten widerspiegeln können.

LINKS als Motor von Veränderung: auf die Praxis kommt es an

Die Diskussion um inhaltliche Ausrichtung darf sich nicht in einem Programmfetisch verlaufen. Im Vordergrund sollte die gemeinsame Praxis und Zielsetzung stehen. Erst dort lässt sich herausfinden, ob wir Ähnliches meinen und nur unterschiedliche theoretische Werkzeuge und Begriffe formulieren.

Auf der Konferenz gab es etwa wenige Beiträge, die einen Bezug zur Arbeiter*innenklasse explizit formuliert haben. Sehr wohl aber den Anspruch, Menschen zu erreichen, die bis jetzt nicht von der Linken erreicht werden. Dies drückte sich vor allem in Wortbeiträgen zur Frage einer niederschwelligen Sprache oder in der Benennung vielfältiger Formen von Marginalisierung aus. Das Projekt LINKS gerade für jene Marginalisierten attraktiv zu machen, die derzeit aus der Politik ausgeschlossen werden, war eine immer wiederkehrende Forderung auf der Konferenz – und das ist auch richtig so. Ob Quoten alleine dafür ausreichen, ist fraglich. Entscheidend wird sein, wie wir eine Praxis entwickeln die nicht nur bei Wunschvorstellungen stehen bleibt: An welche bestehenden antirassistischen, feministischen Initiativen, Kämpfe, etc. können wir anknüpfen? Wo können wir beweisen, dass es sich lohnt, bei LINKS aktiv zu werden und dass LINKS real etwas verändern kann? Können wir einen Beitrag dazu leisten, Abschiebungen zu verhindern, rassistische Polizeikontrollen zu beenden, Angriffe von rechts auf Errungenschaften der Frauenbewegung abzuwehren oder Streiks im Sozialbereich zum Erfolg zu verhelfen? Die auf der Konferenz beschlossene Möglichkeit, Interessensgruppen zu bilden, liefert hierfür einen guten Ansatz, um in verschiedene gesellschaftliche Bereiche zu intervenieren und LINKS für Menschen außerhalb unseres engeren Radius sichtbar zu machen.

Für LINKS als aktive Bewegungsorganisation

Dass führende Aktivist*innen der Donnerstagsdemos bei LINKS ein wichtige Rolle spielen, war bei der Zusammensetzung der Gründungsversammlung und der inhaltlichen Ausrichtung spürbar. Denn die Donnerstagsdemos waren ein wichtiger Anlaufpunkt für all jene, die Schwarzblau nicht einfach hinnehmen wollten. Sie waren darüber hinaus ein Ort des Kennenlernens, der kollektiven Praxis und der Vertrauensbildung zwischen verschiedenen Aktivist*innen und politischen Akteur*innen. Diese Praxis sollte sich auch im Wahlkampf von LINKS widerspiegeln.

Wir denken, dass ein erfolgreicher Wahlkampf nicht bei klassischen Formen wie Infotischen, Verteilaktionen oder Hausbesuchen in den Bezirken stehen bleiben darf. Um erfolgreich zu sein, braucht LINKS eine Orientierung auf eine Praxis der Selbstorganisierung und Selbstaktivierung. Die Klimabewegung ist derzeit der aktivste Ausdruck davon. Aber auch die Unterstützung von Streiks im Sozialbereich oder die Mobilisierung gegen den von den Identitären geplanten Aufmarsch in Wien gehören dazu. Als LINKS sollten wir aktiver Bestandteil dieser Kämpfe und Mobilisierungen werden. So kann aus LINKS eine aktive Bewegungs- und Mitgliederorganisation werden, die all jene zusammenbringt, die sich schon jetzt für Veränderung einsetzen. Dafür wollen wir uns als Kollektiv nach Links einsetzen und mit inhaltlichen Debattenbeiträgen beitragen.

 

2 Gedanken zu „Mit LINKS in die Wien-Wahl!

  • August 12, 2020 um 11:04 am
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    ich hoffe ihr habt die 2000 unterschriften bekommen um
    bei der wahl im oktober antreten zu können
    es schreibt euch wolfgang nagel die linke deutschland kreis
    verband bad dürkeim wir wünschen euch glück zur wahl und dann
    gutes gelingen mit rotem gruss wolfgang nagel

  • August 12, 2020 um 3:17 pm
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    Lieber Wolfgang, wir haben genügend Unterstützungserklärungen bekommen bzw. gesammelt. Wir treten also in allen Wiener Wahlbezirken an!

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