5 Thesen zur Nationalratswahl

1. Wir sollten die konservative Übermacht nicht überschätzen

Der starke Wahlsieg des Sebastian Kurz hat bei Vielen für Entrüstung gesorgt: Trotz seines Projekts einer rücksichtslosen Politik für die Bessergestellten und der zynischer Ausnutzung menschenfeindlicher Stimmungen, scheint sich seine Popularität erhöht zu haben. Doch wie nachhaltig ist dieser Erfolg?

Kurz’ Leistung ist es, aus dem Pfad des sozialpartnerschaftlichen Kompromisses ausgebrochen zu sein, um Kapitalinteressen effektiver zu bedienen. Für das Wagnis wird er mit dem vorschüssigen Vertrauen von so gut wie der gesamten herrschenden Elite belohnt, die mit Spenden in ihn investiert und für eine günstige Berichterstattung sorgt. Die Schwäche der politischen Gegner_innen hat das ihrige dazu getan – man denke z.B. an Klenks Empfehlung an die Grünen mitten im Wahlkampf, den “Pakt mit dem türkisen Messias” zu wagen. Doch Kurz navigiert auf Sicht. Hinter dem “Mann der Stunde” steht keine treue Massenbewegung. Die unangefochtene Stabilität des politischen Rassismus hat ihm geholfen, seine heterogene Wähler_innenschaft zusammenzuhalten und sich als zuverlässiger Steuermann zu präsentieren. Gewonnen hat die ÖVP eigentlich nur dank der Wechselwähler_innen aus dem blauen Lager; insgesamt hat Kurz’ Neuwahl-Poker die Voraussetzungen für Schwarzblau aber verschlechtert. Über die Stabilität möglicher anderer Koalitionen besteht im bürgerlichen Lager Ratlosigkeit, während wirtschaftliche Rezession, internationale Konflikte und die Zuspitzung der Klimakrise ihren Schatten auch auf Österreich werfen.

2. Die FPÖ ist noch nicht geschlagen

Der Absturz der FPÖ war ein erfreuliches Ergebnis dieser Wahl. Manche Beobachter_innen meinen, dass antisoziale Politik und Korruption die FPÖ vor den proletarischen Teilen ihrer Wähler_innenschaft entlarvt habe. Wir meinen, dass diese optimistische Deutung überschätzt, welche Rolle bewusste Klasseninteressen bei der Wahlentscheidung dieser Wähler_innen spielen, wenn keine glaubwürdige linke Alternative dazu beiträgt. Was hingegen vor allem nach Ibiza und während des Wahlkampfs passiert ist: Die FPÖ wurde von denjenigen Kräften isoliert und in die Enge getrieben, die sie davor als Partnerin umworben haben. Seit Ibiza steht die FPÖ unter Druck, Stabilität zu demonstrieren. Das ist ihr nicht gelungen – stattdessen legten die Medien massiv den Finger in die Wunde eines Fehlers, aus dem die FPÖ-Führung nach der letzten Regierungsbeteiligung zu lernen geglaubt hatte: Keine Quereinsteiger, keine Trittbrettfahrer, „die nur das schnelle Geld machen wollen“ . Die Angriffe der Bürgerlichen – Kurz’ deutliche Absage Richtung Kickl und unablässige mediale Attacken gegen Strache und die FPÖ – haben nicht gefestigte FPÖ-Anhänger_innen demoralisiert und in das Lager der ÖVP und der Nichtwähler_innen getrieben. Doch die internationale Presse  ist noch zu früh dran, Kurz für die Wiederholung des “Schüssel”-Manövers zu gratulieren . Im Vergleich zur Parteikrise von 2002 hat die FPÖ eine ideologisch gefestigtere Basis und einen intakten Parteiapparat behalten. Der von Kickl bereits im Wahlkampf vorgezeichnete Weg steht fest: eine stärker neofaschistische Ausrichtung, mit einem verschärften Profil gegen Eliten, Migrant_innen und Muslim_innen. Der Druck von Rechts wird in der kommenden Phase nicht nachlassen – eine antifaschistische Praxis, die unabhängig gegenüber den kurzfristigen Interessen des bürgerlichen Lagers ist, wird weiterhin gefragt sein.

3. Die Grünen sind ein vorübergehender Stabilisierungsfaktor

Die Klimabewegung und die Ablehnung rechter Politik hat ein tot geglaubtes Gewicht wieder an die Oberfläche gespült. Der Erfolg der Grünen ist für viele ein ermutigendes Zeichen – wir kommen noch darauf zurück. Dass sie zu Hoffnungsträger_innen wurden, ohne sich verändern zu müssen, hindert sie jedoch daran, für die politische Erneuerung zu sorgen, zu der die Widersprüche unserer Zeit – allen voran die Klimakrise – drängen. Der Politikansatz der Grünen ist der des parlamentarischen Kompromisses. Der Druck, sich zu den zuverlässigsten Partner_innen der bürgerlichen Mitte zu machen, wird hier auch auf den Köpfen mit den besten linken Vorsätzen lasten. Die ausweichende Haltung des grünen Wahlkampfes zu “heiklen” Themen wie Islam und Migration waren ein Vorgeschmack darauf. Je nachdem, ob und wie sich die Grünen auf eine Regierungsbeteiligung einlassen besteht die Herausforderung darin, den Bestrebungen Nachdruck zu verleihen, die zum Erfolg der Grünen beigetragen haben – mittels politischer Unabhängigkeit und der Selbstorganisierung von Bewegungen. Abgrenzung oder abstrakte Belehrung werden nicht reichen.

4. SPÖ zeigt, wie man es nicht machen soll

Die Sozialdemokratie hat es nicht erst im Wahlkampf verabsäumt, sich als Alternative zur rechtskonservativen Politik zu profilieren. Mangelnde Glaubwürdigkeit und fehlende Durchsetzungsfähigkeit bedingen sich hier gegenseitig. Weil die SPÖ keinen Plan hat, wie sie die Politik von Schwarzblau umkehren soll, nimmt sie ihre eigenen Forderungen nicht ernst – etwa der Umgang mit dem Thema 12-Stunden-Tag während des Wahlkampfs. In die aktuelle Sackgasse führt auch, dass sie nicht erst seit gestern die Interessen der Arbeiter_innenklasse künstlich trennt: hier die “sozialdemokratischen Kernthemen” Mindestlohn, Pflege oder Pensionen, mit halbwegs beständigen Forderungen; dort untergeordnete Themen, wo sie sich wie ein Fähnchen im Wind dreht. Bei dringenden politischen Fragen wie Ökologie oder rassistische Spaltung ist die SPÖ keine zuverlässige Kraft. So viele linke Wähler_innen wie noch nie sind daher dieses Mal zu den Grünen gewandert. Auch linke Kritiker_innen inner- und außerhalb der Partei haben diese Grundausrichtung sozialdemokratischer Politik bisher nicht hinterfragt und nehmen sich dadurch die Mittel, um den Doskozils und Dornauers etwas entgegenzusetzen.

5. Potential linker Organisierung

Linke Politik ist nicht einfach ein Wunschobjekt. Dies beinhaltet eine wählbare Alternative mit Aussicht auf Erfolg. Unsere Frage lautet: Wodurch würde sich eine linke Wahlkampagne auszeichnen, die anders und besser läuft, als bisherige Versuche? Wir denken, dass das nicht nur eine Sache des Geldes, von professionalisierter Kampagnenarbeit und funktionierenden Bündnissen ist. Es ist auch nicht die “Themensetzung” alleine. Wir müssen auf die politischen Fragen, die sich aktuell stellen, eingehen und nicht nur auf die, von denen wir wollen, dass sie gestellt werden. Der Bann eines unaufhaltsamen Aufstiegs der FPÖ ist gebrochen und bestärkt AntifaschistInnen, die sich gegen die FPÖ-Regierungsbeteiligung gestellt haben – von Tag-X bis Donnerstagsdemo. Die Verschiebung von der SPÖ hin zu den Grünen bestärkt zusätzlich jene, die bereits heute gegen Klimakatstrophe und gegen Rassismus protestieren. Auch wenn die Perspektive einer grünen Regierungsbeteiligung vorerst zu Abwartehaltung führt – die Möglichkeit ist da, diese Menschen zu erreichen. Eine neue linke Wahlkampagne muss sich in diesem Umfeld etablieren mit eigenständigen Analysen und Forderungen und einem Organisierungsangebot. Daraus muss sich eine Perspektive entwickeln, die das Potential hat für eine Orientierung auf die Mehrheit der Arbeiter_innenklasse und insbesondre auf Gewerkschaften als ihren organisierten Teil.

Die Herausforderungen für eine linke Neuformierung in Österreich werden ein Schwerpunkt unserer Veröffentlichungen auf diesem Blog sein.

 

 

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